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„Traumberuf Parfümeur“: Interview mit SYMRISE-Senior-Parfümeur Marc vom Ende

22.04.2022 08:22

Parfums begleiten uns durch den Tag, prägen unser Leben – doch gemessen an ihrer Bedeutung und Allgegenwart ist über den Berufsstand des Parfümeurs ziemlich wenig bekannt. „Wie wird man eigentlich Parfümeur?“, „Wie sieht der Berufsalltag eines Parfümeurs aus?“, und: „Wo kann man sich in diesem Beruf ausbilden lassen?“ – Fragen wie diese vermag nicht einmal das um ausführliche Berufs-Informationen sonst keineswegs verlegene „BerufeNet“ der Bundesagentur für Arbeit zu beantworten; das Berufsbild „Parfümeur“ sucht man dort vergebens.
Also habe ich mich in bester Peter-Lustig-Tradition und „Die-Sendung-mit-der-Maus“-Manier kurzerhand selbst auf die Suche nach einem kompetenten Ansprechpartner gemacht, der mal ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und etwas über diesen Beruf, der doch so viel Schönes in unser Leben bringt, erzählen kann. Sehr bald (und fast schon unausweichlich) stieß ich dabei auf einen Namen: Marc vom Ende, Senior-Parfümeur der Firma SYMRISE. SYMRISE ist eine Art Traumfabrik der Aromen und Düfte, und selbst wer diesen Firmennamen noch nie gehört haben sollte, hat bestimmt schon etliche Produkte aus dem Hause SYMRISE verwendet, geschmeckt – oder aber gerochen: Mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro (2011) ist SYMRISE nämlich die weltweite Nummer Vier im Bereich der Hersteller von Duft-, Geschmacks-und Aromastoffen – ein echtes Branchen-Schwergewicht, also.
Und für mich außerdem ein richtiger Volltreffer! Denn wer bei einem solchen Duft-Giganten schon seit vielen Jahren als Parfümeur arbeitet, muss ja wohl etwas darüber zu berichten wissen, wie man Parfümeur wird; erst recht, wenn er dort obendrein auch noch – wie Marc vom Ende – eine firmeneigene Schule zur Ausbildung von Parfümeuren aufgebaut und geleitet hat.
An einem schönen Februar-Nachmittag habe ich also zum Telefonhörer gegriffen und Marc vom Ende in Berlin angerufen, um ihn mit einem telefonischen Interview zu behelligen. Und hielt es dabei mit Albert Einstein: „Wichtig ist, dass man nie aufhört, Fragen zu stellen“. Damit habe ich dann auch in der Tat nicht so schnell aufgehört, und Marc vom Ende mit gefühlten 387 Fragen eine ganze Stunde lang erfolgreich davon abgehalten, neue Duft-Sensationen zu komponieren (…die Konkurrenz von SYMRISE wird es mir sicherlich danken!).
Nach einem kurzen einleitenden Geplänkel über das aktuelle Wetter (bei uns) in Mannheim und (bei Marc vom Ende) in Berlin, das ich dann auch sogleich dankbar als Aufhänger für meine erste Frage aufnehme, komme ich rasch zur Sache:

Essenza Nobile: Bekommt man als Parfümeur während der Arbeit eigentlich viel mit von den Wetterverhältnissen da draußen? Sprich: Kommt man auch ab und an mal raus, oder findet die Arbeit nur drinnen statt?

Marc vom Ende: Naja, zum Arbeiten sitzt man natürlich eher drinnen, aber viele Inspirationen kommen ja im aus der Natur; von daher hat man dann auch schon Interesse, raus zu gehen, und die Nase ein bisschen in den Wind zu halten. Wir haben hier ja das Glück, in einer Erdregion zu leben, wo es vier verschiedene Jahreszeiten gibt – das hat man ja auch nicht überall. Und das wandelt sich dann ja je nach Jahreszeit, der Geruch des Frühlings etwa ist ein anderer als der im Sommer, und das ist schon interessant und spannend, was man da draußen erleben kann…

Essenza Nobile: ...ein Teil der Arbeitszeit wird also durchaus auch damit verbracht, einfach lustwandelnd durch die Gegend zu streifen, auf der Suche nach neuen Inspirationen – so, wie es ja auch dem allgemein verbreiteten Parfümeur-Klischee entspricht?

Marc vom Ende: (lacht) Ja, also, ganz so kann man sich das nun nicht vorstellen, aber was wichtig ist, ist natürlich so eine gewisse Neugier. Wenn man nun durch die Straßen geht, oder eben durch die Natur, dann muss man gewillt und interessiert sein, Dinge zu entdecken und sie auch geruchlich erforschen zu wollen – also, den Dingen nachzugehen. Und dafür ist Neugier ganz wichtig. Denn gerade was Parfums und Duft angeht, da entwickelt sich ja auch ganz viel, und da muss man immer schauen, was entwickelt sich da denn so bei den Menschen, wie verändern sich Dinge – und das hat dann ja auch Auswirkungen auf die Düfte. Und das muss man berücksichtigen, wenn man als Parfümeur Düfte entwickelt.
Hinter den Kulissen einer Traumfabrik: Symrise-Parfümeur Marc vom Ende gewährt seltene Einblicke in seinen Berufsalltag - und in Deutschlands Düfte-Schmiede Nummer Eins. Von der Symrise-Zentrale im niedersächsischen Holzminden aus ging schon so mancher große Duft um die Welt...

Essenza Nobile: Wie viele Parfümeure gibt es eigentlich in Deutschland?

Marc vom Ende: Die Frage ist schwierig zu beantworten, da Parfümeur ja keine geschützte Berufsbezeichnung ist; Parfümeur kann sich im Grunde jeder nennen, das ist ja nicht von einem Abschluss abhängig, den man etwa bei der IHK machen muss. Innerhalb der Branche weiß man natürlich Bescheid und hat schon einen besseren Überblick darüber, wen man nun „Parfümeur“ nennt und wen nicht. Und selbst da ist es immer noch schwierig, da es da nochmal Unterscheidungen gibt; da gibt es z.B. so etwas wie technische Parfümeure. Die sind nicht für die Entwicklung neuer Düfte zuständig, sondern kümmern sich um den produktionstechnischen Bereich, also Überwachung von Rohstoffen und Herstellung der Parfums; das sind Leute, die durchaus auch geruchlich geschult sind und die man auch Parfümeure nennt, die aber eben als technische Parfümeure arbeiten.  So, und jetzt eine Zahl… also…

Essenza Nobile: … ich habe von Ihnen ja mal die Aussage gelesen, dass es angeblich sogar mehr Astronauten gebe als Parfümeure. Ist das wirklich vorstellbar?

Marc vom Ende: Ja, das ist wohl tatsächlich so, dass inzwischen mehr Leute als Astronaut ausgebildet sind und im All waren, als es Parfümeure gibt. Also, für SYMRISE kann ich mal sagen: Wir haben so etwa sieben oder acht Parfümeure in Holzminden (dem Firmensitz von SYMRISE; Anm. d. Red.) und auch weitere in Paris – dort sind es natürlich noch ein wenig mehr. Die sind dann meistens auch bestimmten Kategorien zugeordnet; es gibt also Parfümeure, die sich spezialisiert haben und beispielsweise sagen: „Ich möchte nur im Personal-Care–Bereich arbeiten“, und die bearbeiten dann nur Shampoos, Body-Lotions und ähnliche Projekte. Dann wieder gibt es Spezialisierungen nur auf Fine Fragrances; Parfümeure also, die nur Parfums wie etwa Eaux de Toilette entwickeln.
Bei mir persönlich ist es so, dass ich gerne kategorieübergreifend arbeite, weil ich finde, dass man sich auf diese Weise immer gut aus den jeweils anderen Kategorien Ideen ´rüberziehen kann. Und dass gerade auch Entwicklungen kategorieübergreifend funktionieren. Ein Beispiel: Im Duschgel-Bereich kamen vor einigen Jahren diese fruchtigen Duschgels auf. In Deutschland war es damals zunächst verpönt, so etwas zu haben, aus Frankreich kam das dann so zu uns. Und mit einem Mal hat man das dann auch in Deutschland gehabt; so eine Entwicklung hat dann natürlich auch Einflüsse auf die Fein-Parfümerie, da geht das dann auch auf einmal los, dass die Düfte fruchtiger werden. Wenn ich mir jetzt mal so die aktuellen Celebrity-Düfte anschaue oder Parfums für junge Leute, da ist teilweise extrem viel Frucht enthalten, und das sind so Wellen, die eben überschwappen, in alle Bereiche… solche Gesellschaftsphänomene muss man als Parfümeur immer verfolgen und betrachten. – So, jetzt weiß ich aber nicht, ob das schon die Antwort auf eine andere Frage war…

Essenza Nobile: …gut möglich! (lacht)

Marc vom Ende: Um zu der Zahl zurückzukommen: Es gibt halt nicht so viele. Was ich gerade erzählt habe, bezog sich auf SYMRISE, dann gibt es noch ein paar andere Häuser,… ich schätze jetzt einfach mal 30 oder 40 Parfümeure in Deutschland, etwa in dieser Größenordnung wird die Zahl liegen.

Essenza Nobile: Gleichwohl könnte sich aber im Prinzip jeder Parfümeur nennen. Also, ich könnte jetzt hier ein paar Substanzen zusammenmischen, und könnte behaupten: „Ich bin Parfümeur“!

Marc vom Ende: Das könnte man sogar machen, wenn man gar nichts zusammengemischt hat – und sich trotzdem Parfümeur nennen. Das geht auch (lacht).

Essenza Nobile: Und doch scheint es nur relativ wenige Leute zu geben, die so dreist sind, sich einfach so „Parfümeur“ zu nennen. Gibt es also irgendetwas, das einen Feld-, Wald- und Wiesen-„Parfümeur“ daran hindert, sich mit dem Berufstitel „Parfümeur“ zu schmücken? Vielleicht, dass er sich damit lächerlich macht, oder was auch immer?

Marc vom Ende: Ich denke, das wäre es dann wahrscheinlich auch; dass man sicherlich so einen Schein für einen Laien aufrecht erhalten kann, aber von anderer Seite, wo dann eben fachliche Kompetenz dahinter steckt, so etwas dann eben doch relativ schnell durchschaut wird und man dann eben doch so ein bisschen in die Lächerlichkeit rutscht…

Essenza Nobile: Man könnte also zusammenfassend sagen: Parfümeur ist, wer in der Branche als Parfümeur anerkannt wird?

Marc vom Ende: Ja, das kann man so sagen… das wäre so wohl richtig.

Essenza Nobile: Wie sieht denn der typische Lebenslauf und Ausbildungsweg eines Parfümeurs aus? Gibt es den überhaupt? Oder gibt es da ganz unterschiedliche Zugänge zu diesem Beruf?

Marc vom Ende: Ja, da gibt es ganz unterschiedliche Zugänge. Das ist auch das Schöne daran, dass es sehr vielfältig ist, und so sind dann auch die Charaktere der Parfümeure. Es gibt da die absoluten Exzentriker, und dann wieder ganz andere… es gibt Leute, die waren zuvor als Fotograf tätig, und sind dann in dieses Feld reingerutscht. Das kann man nicht vorhersagen. Da die Parfümerie der – auch wenn das jetzt schlimm klingt, aber es ist halt so – chemischen Industrie angegliedert ist, haben viele Parfümeure einen chemischen Hintergrund. Also Leute, die entweder Chemie studiert haben oder die etwas ähnliches als Ausbildung gemacht haben, etwa Chemielaborant gelernt haben, und die dann in Kontakt gekommen sind mit diesem Metier, sich dann aber auch qualifiziert haben durch besondere geruchliche Fähigkeiten…

Essenza Nobile: … bei denen aber die Chemie-Ausbildung an erster Stelle kam? Die haben also möglicherweise Chemie studiert, ohne dabei schon genau zu wissen, worauf das dann letztlich hinausläuft?

Marc vom Ende: Ja, bei vielen ist das so, dass Sie gar nicht wussten, worauf sie hinaus wollten, dann mit der Duftherstellung in Kontakt gekommen sind und dann gemerkt haben, dass sie das fasziniert. Viele waren sicherlich auch von Grund auf fasziniert in Richtung Parfümerie oder geruchlich, haben also eine besondere Affinität, was Gerüche betrifft, und haben dann schon zielstrebig in diese Richtung gearbeitet, sich angeschaut, wo und wie man als Parfümeur arbeitet und sind dann so über den Weg einer chemischen Ausbildung in den Beruf hineingekommen.

Essenza Nobile: Ein Weg in den Parfümeursberuf, von dem man ja auch immer mal wieder hört und liest, ist ein entsprechender familiärer Hintergrund. Also dass es da schon eine Art Parfümeurs-Dynastie gibt, in die man hineingeboren wird, und dann eben auch Parfümeur wird...

Marc vom Ende: Es ist ja schon so, dass Parfümeur ein Beruf ist, der sehr selten ist. Man wird damit normalerweise nicht konfrontiert, so von Hause aus. Das heißt, wenn ich in einer Familie aufwachse, wo der Vater schon Parfümeur ist, lerne ich das natürlich kennen. Und wenn mich das dann fasziniert, dann ist es dadurch natürlich auch leichter, schon von klein auf in die Sache reinzukommen. Ich kenne da einige Familien, zum Beispiel die Familie Ellena – der Name sagt Ihnen sicherlich etwas?

Essenza Nobile: Ja, selbstverständlich!

Marc vom Ende: Jean-Claude Ellena, der jetzt zuständig ist für die Hermès–Parfums, den ich auch mal in Südfrankreich getroffen habe, und dessen Tochter auch als Parfümeurin arbeitet…

Essenza Nobile: … und Düfte für The Different Company kreiert hat…

Marc vom Ende: … ganz genau. Und der Bruder von ihm, das ist der Bernard Ellena, ein Kollege, der für SYMRISE als Parfümeur arbeitet… also, da ist dann eben diese Begabung bereits da, vielleicht schon genetisch, und – ja, dann passiert das halt so… aber es gibt nicht so viele Fälle dieser Art. Bei den meisten sind es Zufälle, durch die sie in den Beruf reingerutscht und reingekommen sind. Ich habe jetzt gerade die Auswahl gemacht für die aktuelle Parfümerie-Schule in Holzminden, die ich auch geleitet habe. Und da ist zum Beispiel eine Frau, die hat an der Fachhochschule studiert, spezifisch schon auf Waschmittel hin; das heißt, alles was da mit Duft zu tun hat. Und sie war eigentlich schon von Kindertagen an darauf aus, Parfümeurin zu werden, und hat dann auch entsprechend zielgerichtet ihre Ausbildung ausgewählt. Dann ist da eine, die hat Biologie studiert, und war zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung für die Parfümerieschule gerade in Australien; sie hat Studien an Haifischen durchgeführt, und eine Diplomarbeit über Haifische geschrieben. Sie kommt also aus einer ganz anderen Ecke und hatte vorher überhaupt keine Berührungspunkte mit der Parfumindustrie.

Essenza Nobile: Wie war es denn bei Ihnen selbst, wie kamen Sie in den Beruf hinein?

Marc vom Ende: Bei mir war es im Grunde auch Zufall. Ich war auch chemisch interessiert, und vor meinem Chemiestudium, das ich beginnen wollte, habe ich eine Ausbildung gemacht, um sozusagen erst mal etwas Solides zu haben, und vor der Praxis Fähigkeiten zu haben - und bin da dann aber hängen geblieben. Weil mich das so fasziniert hat, diese ganze Duftgeschichte, und ich dann auch bei einem Riechtest so außergewöhnlich gut abgeschnitten habe, dass man mir dann eine Ausbildung zum Parfümeur angeboten hat. Und da habe ich dann gesagt: Nun, warum nicht? Und: Probier´ doch mal aus. Das ist auf jeden Fall faszinierend und vielfältig; ich arbeite ja beispielsweise nicht nur für Deutschland, sondern man arbeitet ja schon auch für andere Länder, und da ist es dann wichtig, die dortigen Kulturen zu kennen, die Gerüche zu kennen – was funktioniert denn dort, wie funktioniert Riechen dort und was sind die Düfte, mit denen die Menschen dort aufwachsen. Der Mensch ist ja, wenn es ums Riechen geht, ähnlich wie beim Essen; man isst ja auch nicht alles und stopft alles in sich rein, sondern man ist vorsichtig…

Essenza Nobile: … das ist eben Gewohnheitssache…

Marc vom Ende: …ja, das ist so: Was man kennt, wird eben als angenehm wahrgenommen. Bei etwas, das man nicht kennt, ist man erst mal vorsichtig; das kann interessant sein, aber man ist erst mal vorsichtig. Das heißt, wenn man Düfte entwickelt, dann dürfen sie nicht zu fern von dem sein, was gewohnheitsmäßig bekannt ist, sondern muss eine Basis haben, die akzeptiert wird – und dann kann man eben interessante andere Aspekte hinzusetzen.

Essenza Nobile: Und die Assoziationen, die mit den Düften verbunden werden, sind dann auch kulturabhängig? Ein Duft, der möglicherweise in Europa einschlägt wie eine Bombe, könnte in Indien vielleicht ein Flop sein?

Marc vom Ende: Ja, das ist auf jeden Fall so. Das ist sehr sensibel, sehr emotional, was da abgeht; riechen hat ja mit Emotion zu tun und – das ist nichts Logisches, wie das funktioniert. Ein Beispiel: Wenn ich einen grünen Pudding in Deutschland kaufe, oder so eine Götterspeise, dann schmeckt die nach Waldmeister. Das ist eigentlich in den meisten Fällen so, dass in diesen grünen Süßigkeiten Waldmeistergeschmack steckt. Das ist dann aber total verwirrend, wenn ich jetzt in den USA bin – sagen wir mal, in Florida – und kaufe mir dort so ein grünes Eis oder einen grünen Pudding, und das schmeckt dann auf einmal nach Limette. Man hat eine ganz andere Erwartungshaltung, die wird nicht erfüllt und das ist dann erst mal verwirrend. Wenn man sich, so wie ich, schon näher damit beschäftigt hat, dann denkt man natürlich darüber nach: Was ist da denn jetzt, was verwirrt mich da denn jetzt eigentlich? Klar, natürlich: der Geschmack. Und das sind so Sachen, die dann eben auch nicht funktionieren. Es gab mal eine amerikanische Firma, die war sehr erfolgreich in den USA, und die haben mit Millionenaufwand versucht, auf dem europäischen Markt eine Zahnpasta einzuführen, die in den USA sehr erfolgreich, die Nummer Eins war – und die sind gefloppt in Europa. Das war eine Zahnpasta, die nach Zimt geschmeckt hat. Das ist man hier eben nicht gewohnt, das muss nach Minze schmecken, anders funktioniert das nicht. Und die haben dann einfach ohne darüber nachzudenken versucht, das komplett zu übertragen und – das war dann eine Bauchlandung.

Essenza Nobile: Vom Puppenspieler bis zum Clown kann man fast jeden nur denkbaren Beruf im Rahmen einer offiziell anerkannten Ausbildung erlernen. Warum ist ausgerechnet Parfümeur in Deutschland kein regulärer Ausbildungsberuf?

Marc vom Ende: Wie zuvor schon gesagt, gibt es zwar einen gewissen Bedarf, aber eben keinen sehr großen Bedarf an Parfümeuren, von daher steckt da auch nicht so eine Systematik dahinter, dass man versucht, so einen Ausbildungsberuf aufzubauen, und im Grunde besteht auch keine Notwendigkeit dazu. Vielfach sind Parfümeure ja so entstanden, dass sie sich das selbst beigebracht, gelernt und geschaut haben, und sich bei einem erfahrenen Parfümeur das so ein bisschen abgeschaut haben. Ich habe jetzt bei SYMRISE etwas aufgebaut, das so eine gewisse Struktur der Ausbildung hat; dabei fängt man zunächst einmal an, Rohstoffe zu lernen und kennenzulernen, dann geht es damit weiter, dass man Akkorde bildet, dass man Basen bildet, also Kombinationen aus Rohstoffen, die dann in ein Parfum eingesetzt werden – zum Beispiel die Darstellung einer Rose, eines Jasmins oder eines Maiglöckchens. Auf diese Weise wird das so ein bisschen strukturiert aufgebaut…

Essenza Nobile: ... ich nehme an, im Rahmen Ihrer Tätigkeit in der SYMRISE-Parfümeurschule in Holzminden?

Marc vom Ende: Genau! Also, da gibt es dann schon eine Struktur, und da versucht man dann eben die Leute, die man ausgewählt hat, und die ein vielversprechendes Talent haben, strukturiert auszubilden. Damit sie dann eben nach gesammelter Erfahrung als Parfümeure arbeiten können. Und das ist ja eben das Wichtige: Man muss diese ganzen Sachen selbst ausprobiert und gerochen haben, und auch verstanden haben, geruchlich – was passiert denn da? Man kann zwar einen theoretischen Plan dazu aufstellen, wie man das erfahren kann, aber man muss es eben selbst erfahren. Und sehen, was etwa passiert, wenn ich diese Dinge zusammengebe, da kommt dann das und das dabei heraus, und das kann man eben auch nicht berechnen, weil eben eins und eins da nicht immer gleich zwei ist sondern manchmal etwas ganz anderes ergibt. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele; eines, das ich gerne mal benenne, ist dieses: Ich nehme einen Rohstoff, der riecht wie Zuckerwatte von der Kirmes und ich nehme einen Rohstoff, der nach frisch gemähtem Gras riecht – also „grün“, wie wir in der Parfümeriesprache sagen. Und wenn ich diese beiden Rohstoffe verbinde, in der richtigen Kombination, ergibt das den Eindruck von Erdbeere. Und das ist so unerwartet, das ist so „wow!“ – und wenn man das herausgefunden hat, dann vergisst man diese Kombination nie, und dass man das so mischen kann. Das kann man aber nicht in der Theorie erlernen, man muss es natürlich selbst gemischt haben und verstehen…

Essenza Nobile: Das hört sich ja nun fast schon an wie ein Maler, der ja auch genau weiß was dabei herauskommt, wenn er diesen und jenen Farbton miteinander mischt…

Marc vom Ende: … ja, genau.

Essenza Nobile: Kann man das so miteinander vergleichen?

Marc vom Ende: Ja, das ist ein guter Vergleich.

Essenza Nobile: Welche Grundvoraussetzungen sollte man mitbringen, um den Beruf des Parfümeurs zu ergreifen? Ist da eher das Fachwissen in Chemie wichtiger – oder die olfaktorischen Fähigkeiten und die Intuition, was das Komponieren von Parfums betrifft?

Marc vom Ende: Das Olfaktorische ist sicherlich die Grundlage. Wenn man nicht gut riechen kann, ist es sicherlich nicht einfach, damit weiterzukommen. Wobei sich dabei auch viel mit Training machen lässt. Man wird, wenn man immer wieder riecht, über die Zeit hinweg besser, weil die Nase dabei immer mehr trainiert wird. Die Grundfunktion muss also einfach da sein, dass man eben riechen kann…

Essenza Nobile: Nun gut, riechen an sich kann ja im Prinzip jeder, würde ich mal behaupten. Aber es muss da doch sicherlich eine besondere Sensibilität vorhanden sein?

Marc vom Ende: Was gut funktionieren muss, geruchlich, ist einfach dieses Benennen-Können, wenn ich etwas rieche… viele Menschen haben Probleme, über Duft zu reden. Und dafür gibt es dann eben auch Tests, die wir machen, bei denen Duftstoffe präsentiert werden, und diese von den Testpersonen mit Assoziationen verknüpft werden müssen. Dass man etwa einen Riechstreifen bekommt, nicht weiß was daran für ein Duft angebracht ist, und dann konkret sagen muss: das riecht nach Orange. Oder aber jemand könnte auch sagen: Es riecht wie … etwas anderes, womit man Orange vielleicht noch verbinden könnte, vielleicht Weihnachten, ein Nimm-Zwei-Bonbon oder so. Es geht also darum, Assoziationen zu finden und das benennen zu können, was man da riecht. Und dabei spürt man sehr schnell, ob jemand duft-interessiert ist. Das ist, so glaube ich, das wichtigste: Diese Neugier am Riechen. Und auch das, was ich mit Neugier auf die Umwelt meine. Dass man also, wenn man rausgeht, einen Fokus auf die olfaktorische Umwelt hat und da neugierig ist – und es auch bleibt.

Essenza Nobile: Aus dem Bereich der Musik – und der Parfümeursberuf wird ja auch gerne mal mit dem eines Komponisten verglichen, so dass es da wohl einige Parallelen gibt – kennt man ja das Phänomen, dass es sehr erfolgreiche Musiker gibt, die von Musiktheorie, Notenlesen und ähnlichem so gut wie keine Ahnung haben, und trotzdem Weltstars sind. Ist so etwas eigentlich auch im Parfümeriebereich denkbar – dass man also von der Theorie im Hintergrund gar nicht viel weiß, aber durch reine Inspiration und Intuition ein Meister-Parfümeur wird? Oder ist das Theoretische doch unerlässlich dafür?

Marc vom Ende: Also, „unerlässlich“ würde ich nicht sagen. Ich kenne zum Beispiel auch Parfümeure, die – im Gegensatz zu mir, beispielsweise – nicht diesen chemischen Hintergrund haben und trotzdem sehr erfolgreich sind. Von daher: Es geht auch ohne. Und zumindest bei mir war es so, dass ich die Theorie von der chemischen Seite sogar manchmal ein bisschen wegschieben musste, weil es eben parfümistisch oft anders funktioniert als in der Naturwissenschaft Chemie. Da gibt es dann eben Phänomene, die sich nicht rein wissenschaftlich erklären lassen, die einfach so sind, und die man dann auch so akzeptieren muss. Dass man etwa bestimmte Sachen machen kann, obwohl man von seinen chemischen Grundkenntnissen her sagen würde: „Das kann nicht funktionieren. Das kann ja gar nicht stabil sein, dann passiert ja das und das! Deswegen kannst du das nicht machen“... Und wenn man es dann gemacht hat und merkt: Hey, das funktioniert ja doch! – dann…

Essenza Nobile: … sind die Naturwissenschaften widerlegt?

Marc vom Ende: Wir haben ja auch eine Forschungsabteilung mit Chemikern, die uns mit Hilfe zur Seite stehen, die teilweise aber auch sagen: Das kannst Du nicht einsetzen, weil das eben in diesem Medium – ich will nun nicht von einem Eau de Toilette sprechen, da ist das relativ einfach – aber in anderen Medien, die eine bestimmte Stabilität erfordern, nicht funktioniert. Da wird einem dann gesagt, den Rohstoff kann man nicht einsetzen, weil der auf jeden Fall runtergebrochen und dann nichts mehr von ihm übrigbleiben wird. Aber geruchlich wirkt sich dieser Rohstoff, obwohl er eigentlich nicht stabil ist, trotzdem positiv aus. Das sind dann so Sachen, die doch überraschend sind. Also, von daher kann zu viel Theorie oder theoretischer Hintergrund zuweilen sogar hinderlich sein, man muss sich eben tatsächlich mit Parfums beschäftigen, sich mit den Rohstoffen beschäftigen, Versuche machen, seine Erfahrungen sammeln und darauf aufbauen. Das ist das Entscheidende. Deshalb habe ich ja schon gesagt, dass es Leute gibt, die vorher Fotograf waren, die haben nun ja auch nicht diesen chemischen Hintergrund. Oder ich kenne einen, der ist früher Schornsteinfeger gewesen, und arbeitet auch als Parfümeur. Also, all das ist möglich. Das macht das ganze ja auch so spannend, dass da Leute aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenkommen und man mit ihnen arbeitet.

Essenza Nobile: Wie kann man sich den Arbeitsalltag eines Parfümeurs vorstellen? Steht man morgens auf und macht sich gleich ans Werk, Düfte zusammenzumischen, oder geht man erst mal raus in die Natur, um Inspirationen zu sammeln?

Marc vom Ende: Die meisten Parfümeure arbeiten in einem Angestelltenverhältnis. Das heißt, sie arbeiten für einen Arbeitgeber. Es gibt aber auch die Freiberufler, die dann für bestimmte Projekte eingeschaltet werden,… also, es gibt nicht wirklich den typischen Arbeitsablauf. Die Inspirationen kommen von allen Seiten, das können Rohstoffe sein, das kann aus der Natur kommen, das kann eine bestimmte Farbe sein, die einen inspiriert, das kann alles Mögliche sein. Und woher kommt das? Das kommt natürlich nicht nur von dem Moment, in dem ich im Labor bin und dort arbeite, sondern das passiert auch im gesellschaftlichen Umgang mit Menschen. So – nun habe ich ja gesagt, die meisten sind im Angestelltenverhältnis. Angestelltenverhältnis heißt, dass man bestimmte Arbeitszeiten hat, zu denen man dann eben im Büro, in der Firma sein sollte,…

Essenza Nobile: …man kann sich das also vorstellen wie ein klassisches Arbeitsverhältnis, mit 40-Stunden-Woche, fixem Monatsgehalt usw.?

Marc vom Ende: Ja, also, streng genommen ist es so. Auf das Monatsgehalt kommt dann, je nach Vertrag, eventuell noch ein Bonus, bezogen auf den Umsatz, der erwirtschaftet wird mit dem Verkauf der Parfumöle. Ja, so kann das aussehen und so sieht es in den meisten Fällen auch aus. In den Anfangsphasen als Parfümeur ist es so, dass man auch im Labor arbeitet und mit den Rohstoffen etwas mischt. Später wird das dann immer weniger, und es wird seltener, dass man ins Labor geht. Denn die Rohstoffe, die dort sind, kennt man eben, die muss man sich nicht immer wieder „anriechen“. Man setzt sich dann mit einer Idee für einen Duft, die man im Kopf hat, an den Schreibtisch oder an den Rechner. Man schreibt eine Rezeptur nicht mehr auf ein Blatt Papier, sondern hat alle verfügbaren Informationen, die man benötigt, im Rechner; da sind dann die Rohstoffe hinterlegt, da ist dann zum Beispiel Lavendelöl, oder sind verschiedene Lavendelöl-Qualitäten, die man eben geruchlich kennt; dann weiß man, welche Qualität man auswählen muss. Dann fügt man weitere Rohstoffe hinzu und dann schreibt man das ganze am Rechner fertig – und dann wird das ganze gemischt.

Essenza Nobile: Das heißt also: Die Parfumkomposition, die man sich ja eigentlich normalerweise so vorstellt, dass da jemand im Labor steht und Essenzen zusammenmischt, findet teilweise – ganz nüchtern – am Computer statt?

Marc vom Ende: Ganz genau, ja. Im Grunde hat man ein ganz normales Büro, wo man seinen Rechner hat, und wo bei anderen vielleicht verschiedene Papiere herumliegen, mit irgendwelchen Ideen und Projekten, hat man den Tisch voll mit kleinen Fläschchen. Dort hat man Duftskizzen, die man einmal ausgearbeitet hat, in Fläschchen, auf die man dann zurückgreift, an denen man dann eben nochmal riecht: „Ach, das hast Du doch ausprobiert, das sollte doch dieses natürliche Blattgrün sein, das Du da ausgearbeitet hast“. Dann riecht man daran, und es gefällt einem ganz gut, aber für dieses Projekt sollte es vielleicht ein bisschen fruchtiger sein. Dann nimmt man diese Idee und gibt diese mit anderen Essenzen zusammen oder mit Akkorden, die man schon mal ausgearbeitet hat, vielleicht etwas Sensuelles mit Moschus und Vanille, was dann eben eine Basis ergibt, auf der man dann aufbauen und den Duft entwickeln kann. Also, so sieht das aus, im Büro…

Essenza Nobile: Aber im Labor ist man doch sicherlich trotzdem auch ab und an, als Parfümeur?

Marc vom Ende: Man geht sicherlich schon mal noch rein, um noch einmal den einen oder anderen Rohstoff zu riechen. Aber es ist so: Die Rohstoffe, die da im Labor sind, sind hochkonzentriert. Und in so einem Labor riecht es dementsprechend schon extrem stark, weil eben diese einzelnen Riechstoffe sehr stark riechen. Und die Sachen, die man da ausarbeitet, muss man ja beurteilen können. Und wenn ich vorher im Labor war und mit den Rohstoffen hantiert und diese gemischt habe, habe ich garantiert etwas davon an den Fingern oder an der Kleidung, was mich dann später, wenn ich die Beurteilung vornehmen möchte von dem, was ich da gemischt habe, auf jeden Fall behindert. Für mich ist es also wichtig, möglichst geruchsfrei zu sein, damit ich nicht irritiert werde. Und wenn ich ins Labor gehe und dort etwas aus den Rohstoffen zusammenmische, habe ich auf jeden Fall eine Irritation, die mich dann beeinträchtigt. Aus genau diesem Grund vermeidet man das eigentlich eher.

Essenza Nobile: Sicherlich wird niemand Parfümeur allein des Geldes wegen. Trotzdem: Wie sieht es eigentlich mit den Verdienstmöglichkeiten im Parfümeursberuf aus? Oder, mal ganz plakativ gefragt: Lebt man als prototypischer Parfümeur eher im Vorstadt-Wohnblock, in der Reihenhaus-Siedlung – oder in der Zweitvilla auf Malibu?

Marc vom Ende: Das ist auf jeden Fall auch erfolgsabhängig. Man kann das schlecht vorhersagen im Sinne von: Man startet als Parfümeur bei diesem und endet bei jenem Gehalt. Da gibt es keine festen Strukturen, weil es eben erfolgsabhängig ist. Man verdient auf keinen Fall schlechtes Geld, und da gibt es schon auch Leute, die im Spitzenbereich Spitzengehälter verdienen.

Essenza Nobile: Das heißt: Wenn man einen erfolgreichen Duft komponiert, hat man auch finanziell Anteil am Erfolg des Duftes?

Marc vom Ende: Das muss nicht sein, aber das kann so sein, ja…

Essenza Nobile: …wenn es vertraglich so vereinbart ist...

Marc vom Ende: Ja, genau. Das kann so sein.

Essenza Nobile: Was mir immer wieder bei Parfumkompositionen auffällt: Auf dem Parfumflakon steht meistens ein großer Name – das ist aber fast nie der des Parfümeurs. Der Parfümeur steht also im Hintergrund, obwohl er ja eigentlich der große Künstler ist, der das Parfüm letztlich ausgearbeitet hat. Würden Sie als Parfümeur das als Nachteil betrachten, dass Sie Düfte erschaffen, die möglicherweise irgendwann die halbe Welt kennt – aber Sie selbst als Person längst nicht so bekannt sind, wie es der Popularität ihrer Parfumschöpfung eigentlich angemessen wäre?

Marc vom Ende: Man ist als Parfümeur im Grunde schon immer so etwas wie ein Ghostwriter für andere, das stimmt schon. Also, andere geben ihren Namen, und man selbst entwickelt den Duft dafür.

Essenza Nobile: Und würden Sie das als Makel empfinden, oder ist Ihnen das auch ganz angenehm, nicht so sehr im Mittelpunkt zu stehen?

Marc vom Ende: Das empfinde ich eigentlich als eher angenehm, denn wenn man immer im Fokus des Interesses ist, hat das ja immer auch Nachteile. Wenn man als Parfümeur nun besonders erfolgreich wäre, würde einen dann ja die ganze Welt kennen. Nur mal als Beispiel: CK One – wenn das nun der eigene Name wäre, dann könnte man ja nicht mal mehr ganz normal im Supermarkt einkaufen gehen, das wäre doch fürchterlich. Also, von daher… (lacht)

Essenza Nobile: Sie würden sich so ein Leben also gar nicht wünschen, als umjubelter Star, sozusagen…

Marc vom Ende: Ja, ganz genau. Das hat für mich eher Nachteile als Vorteile. Wenn man das so sieht, wie Stars und Schauspieler nicht mehr einfach ganz normal irgendwohin gehen können, weil alle schauen, wie die sich nun das Essen mit der Gabel in den Mund schieben, ist das doch fürchterlich! Ich habe auch verschiedene Sachen entwickelt wie zum Beispiel ein Elvital-Shampoo, das war in der ganzen Welt verbreitet. Und wenn man dann denkt: Hey, das wäre jetzt Dein Name gewesen, der in der ganzen Welt zu sehen ist mit Bild und so weiter, da kann man ja nirgendwo mehr hin. Ne, ne, also so ist das schon besser.

Essenza Nobile: Alle Welt redet von Fachkräftemangel. Wie verhält es sich damit in der Zunft der „Nasen“? Gibt es tendenziell eher zu viele oder zu wenige Parfümeure? Ist Arbeitslosigkeit unter Parfümeuren ein Thema?

Marc vom Ende: Es ist auf jeden Fall so, dass man als Parfümeur immer in Konkurrenz arbeitet. Das heißt, es kann schon passieren, dass der Konkurrenzdruck so groß ist, dass man hinten runter fällt. Über dieses Risiko muss man sich im Klaren sein, wenn man den Weg einschlägt. Wenn man nicht mehr erfolgreich ist, dann schaut sich das eine Firma vielleicht eine Zeit lang an, aber wenn sich die Parfumöle nicht verkaufen, dann ist das eben schlecht – und dann kommen irgendwann mal harte Fakten auf den Tisch. Es ist eben schon so, dass es viele Interessenten gibt, die Parfümeur werden wollen und die werden eigentlich immer so ausgebildet, dass der Bedarf gedeckt wird; und von Firmenseite her will man dann vielleicht auch, dass ein bisschen mehr Leute eingestellt werden, wodurch dann auch ein gewisser Druck entsteht. Von daher ist es schon so, dass man wirklich motiviert dabei sein sollte und sich auch durchsetzen muss. Wenn wir ein Briefing bekommen, dann ist es nicht so, dass nur ein Parfümeur an dem Projekt arbeitet, sondern es werden mindestens zwei angesetzt auf ein Parfum, oder auch mehr…

Essenza Nobile: …und die arbeiten aber nicht als Team zusammen, sondern in Konkurrenz zueinander?

Marc vom Ende: Genau, das ist dann immer eine Konkurrenzarbeit. Es passiert aber auch, seit ein paar Jahren häufiger, dass man daraus auch eine Teamarbeit macht, weil der Eine vielleicht in einem bestimmten Bereich besonders gut ist und der Andere einen anderen Aspekt besonders gut darstellen kann, und dann sagt man: Hey, lass uns das mal zusammenfügen – in dem Moment hat man dann diese Teamarbeit. Also, das passiert schon. Aber grundsätzlich besteht da schon immer eine Konkurrenz, und zwar nicht nur innerhalb einer Firma, sondern außerdem auch noch zwischen den Dufthäusern, die zu einem Briefing antreten. Und auch da muss man sich dann eben durchsetzen.

Schnuppern, bis der Arzt kommt: Die Symrise-Parfümerieschule in Holzminden ist eine der ganz wenigen ihrer Art auf der Welt - und ein Paradies für angehende Parfum-Komponist(inn)en...

Essenza Nobile: Angenommen, ich spüre in mir, dass ich dazu berufen bin, Parfümeur zu werden – was sollte ich als nächstes tun, wenn ich in Zukunft als „Nase“ arbeiten möchte? Wo kann ich mich bewerben, was muss ich ausfüllen, wo darf ich unterschreiben?

Marc vom Ende: Wo ausgebildet wird, ist natürlich in den Dufthäusern. Wenn man in Deutschland jemandem etwas empfehlen möchte, dann könnte man natürlich diese Dufthäuser anschreiben und da anfragen, ob es eine Möglichkeit gibt. Solche Ausbildungen finden nicht jährlich statt, sondern wie gesagt nach Bedarf. Da gibt es etwa SYMRISE, es gibt DROM, es gibt FRAGRANCE RESOURCES in Hamburg,… es gibt HENKEL – die haben auch Parfümeure, die dann allerdings nur für die HENKEL-Produkte Düfte ausarbeiten; aber auch da gibt es gelegentlich eine Ausbildung. Dann gibt es in Frankreich eine bekannte Parfum-Schule, das ist die ISIPCA in Versailles. Es gibt viele, die darüber den Einstieg in die Branche bekommen und danach als Parfümeur arbeiten. Dort gibt es eine schulische Ausbildung, bei der man auch mit Parfümeuren zusammenarbeitet; so unterrichtet dort beispielsweise der Parfümeur Francois Robert. Man bekommt dabei den Kontakt, zum einen in dieses Metier, aber gefordert ist auch immer, dass man in der Zeit ein Praktikum bei einer Duftfirma haben muss, also bei einer Firma wie etwa SYMRISE, IFF, GIVAUDAN oder FIRMENICH; das heißt also, man arbeitet teils in der Firma im Rahmen des Praktikums, und wird teils schulisch ausgebildet in Versailles. Und dadurch hat man dann eben auch schon den Kontakt zur Duftindustrie, wo man später dann auch einsteigen kann. Also, ISIPCA in Versailles, das ist auf jeden Fall schon eine Adresse, die ganz wichtig ist. Da ist dann natürlich auch Französisch gefordert! Fremdsprachen sind aber ohnehin wichtig; Englisch ist ein Muss, diese Grundlage muss man auch haben, da man eben auch international arbeitet, und es ist durchaus sinnvoll, wenn man auch Französisch kann…

Essenza Nobile: … die Sprache des Parfums …

Marc vom Ende: … ja, genau. Daran kommt man nicht vorbei.

Essenza Nobile: Haben Sie es je bereut, Parfümeur geworden zu sein?

Marc vom Ende: Eigentlich nie. Das war immer spannend, vor allem eben auch, in anderen Ländern zu arbeiten; ich war eine Zeit lang in New York, in Paris, in Hamburg habe ich lange gearbeitet, und habe dadurch viel sehen und erleben können, was einen dann auch immer weiter bringt. Je mehr man mitbekommt von der Welt, von den verschiedenen Kulturen, umso mehr lernt man und kann dann Düfte auch besser umsetzen. Von daher habe ich es auf keinen Fall bereut, es ist schon eine spannende Sache.

Essenza Nobile: Sie haben demnach also vor, bis zur Rente weiter Parfümeur zu bleiben?

Marc vom Ende: Ich glaube, das hört mit der Rente noch nicht mal auf! Ich glaube, wenn es irgendwann mal so weit ist, wird man sagen: ich möchte gar nicht. Ich kenne da ganz viele Leute, die vielleicht nicht mehr für eine Firma arbeiten, aber die sich trotzdem immer noch mit dem Thema beschäftigen. Mein damaliger Ausbilder Robert Calkin, ein Engländer, war zu dem Zeitpunkt, als er die Ausbildung für uns gemacht hat, eigentlich schon in Rente, und hat dann gesagt: Ich mach´ das nochmal, ich gebe jetzt all mein Wissen weiter an meine Schüler. Und danach war er dann ja nun eigentlich wieder im Ruhestand und konnte es trotzdem nicht lassen, er hat mehrere Bücher verfasst über Rosen, hat Duftbeschreibungen gemacht für verschiedene alte Rosensorten – und ich vermute mal, der arbeitet immer noch im Bereich Duft/Parfum, das hört nicht auf, das lässt einen nicht los…

Essenza Nobile: Mit anderen Worten: Parfümeur ist ein echter Herzblut-Beruf und man fiebert da üblicherweise nicht der Rente entgegen, wie vielleicht in so manchen anderen Berufen…

Marc vom Ende: Ja, das ist absolut leidenschaftlich. Absolut!


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